Plagiieren geht über sinnieren.

Man soll ja nicht schlecht über Kollegen reden. Heute habe ich aber nun das unstillbare Bedürfnis, überaus schlecht über Kollegen zu reden – was also tun? Vielleicht ist es alles ganz einfach. Ich könnte kurzerhand beschließen, dass die, an die ich gerade denke, gar keine Kollegen sind. Sondern – ja, was eigentlich? Guttenbergs. Es sind einfach nur Guttenbergs.

Aber der Reihe nach. Heute morgen rief mich ein freundlicher Herr an. Er habe meine Webseite zufällig im Netz gefunden. Genauer gesagt, meine Arbeitsbeispiele. Gesucht hatte er nach Bildern zu einem bestimmten Thema. So fand er eine der hier dargestellten Kampagnen. Eine, die nicht den Weg auf Anzeigen und Plakate fand, also nie umgesetzt wurde.

Das Interessante daran war allerdings: Obwohl der freundliche Mann weder mich, noch die Agentur kannte, für die die Arbeiten entstanden sind, kannte er die Kampagne schon. Eine nicht näher definierte Agentur hatte sie ihm kürzlich präsentiert, zusammen mit einem wahren Feuerwerk weiterer Ideen. Mein Anrufer wollte wissen, ob ich irgendwelche Rechte abgetreten hätte – obwohl er im Grunde die Antwort schon wusste. Es war ein unbestimmtes und ungutes Gefühl gewesen, was ihn zu Google gezogen hatte und genau das hatte sich nun bestätigt.

Ich war so verblüfft, dass ich mehrmals fragte, ob es sich denn nicht um eine zufällige Ähnlichkeit handeln könnte. Schließlich können unterschiedliche Köpfe unabhängig von Zeit und Raum auf ähnliche Gedanken kommen. Der Anrufer lachte ein einigermaßen bitteres Lachen: „Wenn sie das hier sehen würden, hätten sie keinen Moment lang einen Zweifel“. Und er las mir die Headlines vor. Alle. Und beschrieb die Bilder. Einzig das Logo war ausgetauscht worden. Mir blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen.

Dem kundigen Leser muss ich sicher nicht näher erläutern, dass nicht alles, was im Netz zu finden ist, frei verwendet werden darf. Schon gar nicht gibt es irgendeinen legalen oder moralisch vertretbaren Weg, um die Arbeit von anderen als eigene zu verkaufen – und „verkaufen“ ist hier ja wörtlich zu verstehen.

Aber offensichtlich hat diese Seite ja auch unkundige Leser. Leser, die man im spontanen und von Herzen kommenden Sprachgebrauch als „Arschlöcher“ bezeichnen würde. Selbigen sei an dieser Stelle gesagt: Mögen euch eure Kunden quälen und eure Rechnungen nicht bezahlen. Mögen euch eure Teampartner im entscheidenden Moment hängen lassen. Die Festplatten eurer Computer sollen am Tag vor der Präsentation eures Lebens verschmoren und alle Daten verschwinden. Mögen eure Hosenställe während eurer Vorstandspräsentation offen stehen und ihr es nicht bemerken. Ich würde euch auch gern wünschen, dass euch die Ideen fehlen, aber das ist ja ohnehin schon der Fall. Möge eure Agentur verrotten.

Vielleicht ist es nicht christlich und auch schlecht fürs Karma so zu denken. Aber kreative Arbeit ist ein sensibles Gut. Wir alle, die wir davon leben, sollten einen unumstößlichen Ehrenkodex haben, der genau festlegt, wie wir mit der Arbeit von anderen umgehen. Das Verhalten der „Kollegen“ verletzt ihn so tief, dass sie nicht verdient haben, in dieser Branche zu überleben. Wobei – im Grunde sind wir ja ohnehin auf unterschiedlichen Fachgebieten tätig. In Sachen Diebstahl und Hehlerei bin ich zumindest nicht firm.

Titelbild © Thomas Reimer – fotolia.de

3 Comments

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heimar schroeterreply
24. August 2011 at 22:54

bist du sicher, dass du nicht einfach opfer von „verstehen sie spass?“ warst?

wp_adminreply
24. August 2011 at 23:05
– In reply to: heimar schroeter

Ja. Bin ich.

shan_darkreply
1. September 2011 at 9:08

Möget ihr euch während einer Pitch-Präsentation um 10-Mio-€-Werbeetat am Laserpointer-Strahl verbrennen und in Sekundenschnelle dahindampfen…
…Wie man doch aus solchen traurigen Nachrichten schon wieder kreatives Potential ziehen kann! Nein, Kollegen sind das keine und Guttenbergs ist noch ein viel zu freundliches Wort. Eine Riesensauerei!

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