10 Tipps, die Du… ähm. Ja.

In seinem Buch „Abweichen von der Norm“ beschäftigte sich Prof. Werner Gaede auf über 750 Seiten mit der These, dass gute Werbung nur dann eine solche ist, wenn sie mit Regeln bricht und überrascht. Das Standardwerk der Werbung erschien 2001, in einer Zeit vor Facebook, Instagram und Pinterest. Und in einer Zeit, als gute Mediaplanung für die Reichweite einer Werbemaßnahme maßgeblicher war als Suchalgorithmen.

Seither ist viel passiert. Wir hetzten von einem Paradigmenwechsel zum nächsten und Kreative beschäftigen sich häufiger mit der Nutzung von Regeln als damit, sie zu brechen. Was man tun muss, um sichtbar zu werden – technisch und inhaltlich – ist entscheidend. Beinahe könnte man denken, das Abweichen von der Norm würde heute keine Rolle mehr spielen. Was zählt, ist das geschickte Spiel mit Sozialen Netzwerken und Suchmaschinen, mit den Regeln, die Tech-Unternehmen uns vorgeben. Wer diese Klaviatur beherrscht, liegt vorn. Und die Regeln lernen alle. Nicht nur Unternehmen, sondern auch Blogger – kommerziell oder nicht – lernen und passen sich an, oft schneller und besser als die Verantwortlichen der Marken. Abweichen und Regeln brechen wäre dabei nicht hilfreich, vielmehr ist die perfekte Anpassung das Ziel. Wie muss ein Bild aussehen, das geteilt wird? Immer wieder beschäftigen sich Zahlen-Nerds mit solchen Fragen, wie z.B. Curalate.

Wired ermittelte anhand von Zahlen bei Pinterest so das perfekte Bild. Ein Gurkensalat. Mehr Banalität geht kaum. Man kann nicht eben sagen, dass hier von irgendeiner Norm abgewichen wird. Nicht erst seither verbreitet sich die Kunde, dass man nur ein paar Dinge beherzigen muss, um in den Netzwerken geteilt zu werden und mehr Reichweite zu generieren. Von Hashtag bis Farbigkeit, von Format bis Schriftart, die Do’s und Dont’s sind lang und eifrige Blogger/innen kennen sie alle. Das Ergebnis ist ein fluffiger Pastellbrei mit Schreibschrift, eine liebliche Flut unscharfer Hintergründe, transparenter Layer und beliebiger Motive, die eines niemals tun: abweichen. Etwa so wie mein Titelbild. Die perfekte Form ist alles, Inhalte bleiben dahinter zurück. Originalität und Eigenwilligkeit sind nicht angesagt. Das Ziel: Erfolg. Follower. Ruhm. Und immer häufiger auch: Geld. Neu-Blogger mit fünf Beiträgen auf der Seite verblüffen den verirrten Leser bereits mit einem Media-Kit.

Als leidenschaftliche Bloggerin und Blog-Leserin wünsche ich mir, dass mehr Hobby-Blogger wieder zu dem finden, was eigentlich mal Sinn der Übung war: Das Festhalten und idealerweise Verbreiten einer geistig und finanziell unabhängigen Sicht der Dinge. Ohne die Geißelung durch Algorithmen, den Schraubstock der Normen. Und: Ohne die Vorgaben von Kooperationspartnern.

Für alle, die ähnlich fühlen, hier meine

„10 Tipps, die Du als Blogger beachten solltest, wenn Du es leid bist, 10 Dinge zu beachten“.

  1. Schreib über das, was Dir gerade am Herzen liegt. Selbst wenn kein Mensch das Thema googelt.
  2. Wenn Dir nichts am Herzen liegt, stell das Bloggen ein.
  3. Schreibe nur über Dinge, von denen Du etwas verstehst. Googel Dir nicht Fakten zusammen und maure damit Blogbeiträge. Vor allem nicht solche, die mit „Was Du tun solltest, um …“ beginnen.
  4. Das SEO-Plugin meckert wegen mangelnder Keyworddichte, zu langer Sätze oder nicht optimaler Textlänge? Pfeif auf das Plugin.
  5. Verwende Bilder, die Du toll findest. Auch wenn sie blau oder dunkel sind und Gesichter zeigen.
  6. Frage am Ende des Blogposts Deine Leser NICHT, ob ihnen ähnliches widerfahren ist oder ob sie weitere Punkte hinzufügen können. Wenn sie kommentieren wollen, werden sie kommentieren.
  7. Nimm Kooperationen nur dann an, wenn Du das Produkt spannend, nützlich und außergewöhnlich findest. Schreibe nur dann darüber, wenn Du etwas Persönliches darüber zu berichten hast. Kopiere niemals die werblichen Beschreibungen Deiner Kooperationspartner!
  8. Geh sehr sparsam mit Listen wie „5 Dinge, die Du unbedingt …“ um. Das Netz quillt über davon.
  9. Du hast ein E-Book geschrieben? Es ist nicht nötig, in JEDEM Blogbeitrag drauf zu verlinken.
  10. Hör auf, Blogbeiträge zu lesen, die mit „10 Dinge, die Du tun solltest …“ beginnen. Nicht sofort, erst nach dem Lesen dieses Blogposts. Also … jetzt.

19 Comments

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Olgareply
30. April 2017 at 19:14

Lol! Super geschrieben.

Sabinereply
30. April 2017 at 20:50

Sehr cool!

Carryreply
30. April 2017 at 21:06

Haha mega cooler Beitrag ? Und auch so wahr…

Claudia Braunsteinreply
30. April 2017 at 22:05

Danke, danke, danke! 🙂 Made my evening. Liebe Grüße aus Salzburg, Claudia

carnam ilingareply
1. Mai 2017 at 0:07

Herrlich! Du schreibst mir aus der Seele. Ich mag auch lieber authentische Hobbyblogger. Mit kreativem Inhalt und Spaß an der Sache.
Liebe Grüße!

Ingareply
1. Mai 2017 at 3:07

Sehr schön. Und gerade für Neu-Blogger wie mich sehr ermutigend 😉

Stinireply
1. Mai 2017 at 6:15

Das gefällt mir!! Obwohl du mich nicht nach meiner Meinung gefragt hast ☝?

Annareply
1. Mai 2017 at 8:30

? Ich selbst ertappe mich immer wieder dabei konform zu sein. Dann wiederum top Influencern zu entfolgen, weil es mir irgendwann zu blöd wird das tausendste Mal über die eine Must-Have-Tasche etc. zu lesen. Ein Fluchtreflex. Von den besten zu lernen finde ich nicht schlecht, aber man sollte seinen eigenen Weg gehen. Ausbrechen aus dem Algorithmus. Insofern, tolle Post!

Judithreply
1. Mai 2017 at 8:49

Nicht, dass ich so häufig „X Dinge/Tipps/oder was auch immer…“ Blogposts schreibe, aber es ist halt erwiesen, dass man sich mit solchen Titel mit ziemlicher Sicherheit ein paar Klicks bescheren kann. 😉 Ich gebe dir trotzdem in allen 10 Punkten, die man nicht beachten sollte recht. Ein paar der Klassiker, was sichere Shares angeht, darf man aber gelegentlich doch einbauen – muß ja nicht inflationär sein. Immerhin will man ja auch neue Leser finden und die findet man abseits von bezahlter Werbung meistens über andere anerkannte Methoden (SEO/Google Pinterest oder eben Shares auf Social Media, die man wiederum eher mit gut ausgeklügelten Überschriften bekommt. Welche dabei aber nicht immer „Dinge ….“ heißen müssen – es gibt noch hundert andere „Überschriften-Formeln“, die sich von der Masse abheben, weil sie kaum jemand kennt,d er sich nicht damit beschäftigt) …

Heidi Schmittreply
1. Mai 2017 at 8:58
– In reply to: Judith

Aber na klar darf man das! Jeder möchte gern, dass seine Beiträge gelesen werden. Ich weiß auch, dass „10 Tipps…“ noch immer gut funktionieren, aber man sollte sie zumindest selten einsetzen, bzw. wenn, dann müssen sie auch gehaltvoll sein. Viele Blogposts scheinen aber nur als Clickbait zu existieren. Hinter der Fassade schwächelt es dann gewaltig. Das nervt.

Sandrareply
1. Mai 2017 at 9:22

Oh wie recht Du hast. Ein klasse Beitrag. Ich hab das alles schon durch, jetzt aber keine so richtige Lust mehr drauf. Das ist nämlich hab schön anstrengend ?. Liebe Grüße

Nessireply
1. Mai 2017 at 9:31

Sehr gut geschrieben. Ich halte mich eher an die Dinge die ich bei anderen nicht mag. Ich stehe einfach nur zu dem was ich mache und was andere tun sollen sie eben machen. Da finde ich deine Worte toll.
Lasst uns alle lieber aus der Norm fallen 🙂
xoxo Nessi

Juliereply
1. Mai 2017 at 10:22

Absolut geil geschrieben! Großes Kompliment. Ich weigere mich auch schon seit langem, mich in die Instagram-Reihe der cleanen, überbelichteten, grau-blau-weiß-rosa Bilder einzureihen 😀 Super Artikel!

Lenareply
1. Mai 2017 at 11:22

Toller Beitrag! ??? sehe ich genau so! Man bloggt doch in erster Linie, weil es einem Spaß macht und weil einem etwas am Herzen liegt. Die ganzen Regeln, die man beachten soll, damit alles erfolgreicher wird, nehmen mir meist nur den Spaß. Klar, muss man manchmal etwas beachten , aber man muss doch immer noch so bloggen, wie es einem selbst gefällt.

Liebe Grüße

Eddyreply
1. Mai 2017 at 13:57

Vielen Dank für diesen erfrischenden Beitrag, Heidi! Du sprichst mir exakt aus der Seele. Und ich wünsche mir, dass möglichst viele Blogger diese 10-Punkte-Liste befolgen. Und danach keine andere. Darum werde ich sehr gern weitere Leser/Blogger darauf aufmerksam machen: #sharingiscaring

Melle | Seelentiefreply
1. Mai 2017 at 14:15

Genau darum blogge ich weiter, weil ich nicht perfekt bin, weil ich bloggen will in anderen Mut zu machen und in selbst nicht alleine zu sein und mir ist es egal , wie viel Leser ich habe! Lieber 10 die lesen , als 100 die nur folgen! Ich blogge wann u was ich will 🙂

Safftireply
5. Mai 2017 at 14:36

Sehr schön! Ich liebe auch besonders die Blogs, die sich von der Masse abheben, weil in ihnen auf Regeln konsequent gepfiffen wird! Und jetzt überlege ich, was mir in meinem Laufblog zum Thema Gurkensalat einfällt.

andreareply
5. Mai 2017 at 18:47

Einfach genial dein Beitrag. Vielen Dank dafür. Bin gerade dabei, bei meinem Blog den letzten Feinschliff zu machen. Natürlich habe ich viele endlose Listen und Beiträge gelesen, wie so ein Blog aussehen sollte. Für mich war das leider nicht passend ;-). Dein Beitrag gibt mir Hoffnung, dass meine Beiträge trotzdem gelesen werden :-).

Daniel | Sports-Insiderreply
15. Mai 2017 at 8:27

Vielen Dank für diesen Beitrag. Diese ganzen Top 10 Beiträge nerven so dermaßen! Besonders weil ich das Gefühl habe, daß sie sehr oft von Leuten kommen, die selbst keine Ahnung haben, sondern nur Fakten und Erlebnisse anderer recherchieren und dann neu in Listenform verpackt präsentieren. Ich fühle mich immer ein wenig an „Wer das nicht liest, ist doof“ erinnert, bei diesen Headlines.

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