Flinkster und die Sache mit der Echtzeit.

Es gibt zwei große Trends, die sich immer mehr in unserem Alltag breit machen: Echtzeit-Kommunikation und die sogenannte Shareconomy. Durch das eine sind wir immer sofort über alles informiert, das andere erspart uns den ein oder anderen teuren Kauf. Diese beiden wunderbaren Dinge wachsen zusammen im Car Sharing. Ich entschließe mich, spontan ein Auto zu mieten, schaue in der App meines Anbieters nach und kann sehen, welches Fahrzeug ganz in der Nähe steht – vielleicht ist es eines, was vor zwei Minuten dort abgestellt wurde.

Ich bin seit fünf Jahren Car Sharing-Nutzerin bei Flinkster, dem Car Sharing-Service der Deutschen Bahn. Ich genieße sehr, dass es Car Sharing gibt und dass das Prinzip so einfach ist. Auch bei der Flinkster App ist schon an vieles gedacht, das Buchen und Ändern der Buchung fluppt. Die Preise sind fair. Dennoch gibt es viel Ärgerliches, das nicht zeitgemäß ist. Den Dienst gibt es seit 15 Jahren, gerade kürzlich klopfte sich das Unternehmen anlässlich des Jubiläums kräftig selbst auf die Schultern. Flinkster kooperiert mit book-n-drive und vielen anderen Anbietern und greift jeweils auf die Flotte des Partners zu. Ich nutze die festen Stationen – es ist einfach wohltuend, immer zu genau wissen, wo das gemietete Auto steht und vor allem, wo man es nach Gebrauch wieder abstellen kann. In einer Großstadt wie Frankfurt ein Segen.

Nun sollte man denken, dass die Deutsche Bahn, reich an Erfahrung mit Echtzeit-Diensten in Web und Apps, kein Problem damit hat, auch beim Car Sharing immer auf der Höhe der Ereignisse zu sein und diese dem Nutzer zu kommunizieren. Auch könnte man annehmen, dass anders die kurzfristige Autovermietung gar nicht möglich ist. Doch, sagt sich die IT von Flinkster, das geht auch so. Irgendwie. Ob der Nutzer heult und tobt, ist ja nicht so wichtig.

Beispiel 1: Das Tankdebakel.

Bei Flinkster gilt: Das Fahrzeug muss mit einer Tankfüllung von mindestens einem Viertel wieder abgestellt werden. Andernfalls muss der Nutzer tanken. Das ist auch nicht weiter schlimm, denn dafür gibt es eine Tankkarte, die inzwischen bei sehr vielen Tankstellen akzeptiert wird (das war nicht immer so). Allerdings kann so ein Tankvorgang ja eine Weile dauern, wenn eine bestimmte Tankstelle angesteuert werden muss. Die Zeit muss man bei der Gesamtmietzeit berücksichtigen. Eine Idee wäre also, bei der Buchung gleich den Tankstand erfahren zu können, um zu wissen, ob man die Buchungszeit lieber 15 Minuten früher beginnen lässt. Ich weiß nicht, wie man es technisch lösen kann, aber ich bin sicher, dass es möglich wäre. Nun gut. Nehmen wir es als „Nice to have“.

Ein „Must have“ ist allerdings, dass im Wagen auch eine Tankkarte vorhanden ist. Scheinbar wird es allerdings seit einer Weile zum Trend, die Tankkarte zu klauen. Das bedeutet, der Nutzer muss das Tankgeld vorstrecken UND 15 Minuten mehr einplanen bzw. auf eigene Kosten länger buchen UND bei Flinkster anrufen, um die fehlende Tankkarte zu melden, damit man ihm nicht selbst den Diebstahl in die Schuhe schiebt. Flinkster erwartet, dass das innerhalb der Mietzeit passiert. 5 Minuten in der Warteschleife sind keine Seltenheit.

Neulich hatte ich einen solchen Fall. Da ich einfach eine Mittagspause mit dem Hund im Grünen verbringen wollte, hatte ich nur einen Notgroschen und keine EC-Karte dabei. Tanken war also gar nicht möglich. Das bemerkte ich allerdings erst, nachdem ich die Tankstelle bereits angesteuert hatte, um dann festzustellen, dass die Tankkarte nicht auffindbar war. Ich musste also auch deshalb bei Flinkster anrufen, um zu vermelden, dass ich den Wagen unter Umständen mit etwas weniger als einer Viertel Tankfüllung abstellen würde. Nur mit einer Meldung und Erklärung würde ich einer Strafgebühr entgehen.

So hing ich also an der für mich nutzlosen Tankstelle in der Warteschleife fest, um dann zu erfahren, dass der Verlust der Tankkarte bereits vom Vornutzer gemeldet worden war. Man hatte mir ein Fahrzeug gegeben, von dem man wusste, dass es getankt werden musste und dass in ihm keine Tankkarte zur Verfügung stand. Um die Sache noch ärgerlicher zu machen: An der gleichen Station befanden sich mehrere Fahrzeuge der gleichen Typklasse, die während meiner zwei Stunden Mietdauer allem Anschein nach nicht bewegt worden waren. Es wäre kein Problem gewesen, mir ein anderes Fahrzeug zuzuweisen. Hätte das mit der Kommunikation irgendwie funktioniert. Nein, sagte der nette Mann an der Hotline, das sei leider technisch nicht möglich. Doch, natürlich ist es das. Man muss es halt nur machen.

Beispiel 2: Das Ratespiel.

Ich buche häufig ein Fahrzeug an einer Station, bei der es mehrere Fahrzeuge und einen Schlüsseltresor gibt. Den kann ich mit meiner Kundenkarte öffnen und dann meinen Schlüssel entnehmen. Die Schlüssel werden an einem Sensor in eine bestimmte Vorrichtung gesteckt. Damit ich weiß, welcher Schlüssel meiner ist, leuchtet dazu ein Licht an der entsprechenden Vorrichtung auf. Hat der Vormieter meines Fahrzeugs den Schlüssel nicht richtig eingesteckt, leuchtet allerdings nichts. Ich habe also keine Ahnung, welches Fahrzeug nun unter meinem Namen gebucht ist.

Zum Glück bekomme ich in der Regel 20 Minuten vor Mietbeginn eine SMS, die mir sagt, welches Kennzeichen mein Fahrzeug hat. Mit Hilfe dieser Nachricht kann ich dann die Anhänger der Schlüssel abklappern, um das richtige Kennzeichen zu finden. Allerdings kommt es gelegentlich vor, dass diese SMS („Poolauto zugeordnet“) erst später eintrifft. Neulich hatte ich einen dringenden Termin, stand vor dem geöffneten Schlüsseltresor und vier gleichen Fahrzeugen und hing in der Wartschleife. Nach fünf Minuten griff ich mir irgendeinen Schlüssel, in der Hoffnung, dass es der richtige war. War es nicht, wie ich bei meinem Anruf 40 Minuten später erfuhr, aber zum Glück wollte in der Zwischenzeit niemand den Wagen benutzen, den ich mir gegriffen hatte.

Hätte man „Poolauto zugeordnet“ nicht in Echtzeit lösen können – gebucht, zugeordnet?

Beispiel 3: Kunde da, Auto weg

An der gleichen Station hatte ich neulich die verblüffende Situation, dass zwar der Schlüssel griffbereit war, aber das dazugehörige Auto weit und breit nicht zu sehen war. Stattdessen stand dort ein „City Flitzer“, ein Car Sharing Wagen, der nicht an eine feste Station gehört, sondern spontan abgestellt wird. Nutzer des City Flitzer verfügen offensichtlich über die gleiche Karte und so war ein Oberschlauer auf die Idee gekommen, das Rolltor der festen Station zu öffnen, um sich dort auf einen Parkhaus-Parkplatz zu stellen, der für „mein“ Fahrzeug vorgesehen war. Also wieder Warteschleife. Denn bei Flinkster wusste man natürlich, wo das Fahrzeug steht. Man konnte es mir aber nicht kommunizieren, weil das, wie man mir auch dieses mal versicherte, „technisch nicht möglich“ sei. Der Wagen stand irgendwo in der Straße. Dass der City Flitzer auf dem falschen Platz stand, wusste man bei Flinkster natürlich auch. Und zwar, wie ich später erfuhr, seit mehr als 24 Stunden. Aber es war nicht möglich, diesen zu entfernen, um wieder Ordnung in die Sache zu bringen. Stattdessen lässt man lieber den Kunden ins offene Messer, in dem Fall an den falsch belegten Parkplatz laufen. Als ich Stunden später wieder zurückkehrte, war („Ätsch!“) der Parkplatz immer noch belegt, was bedeutete, dass ich in einer Gegend mit sehr schwieriger Parkplatzsituation einen Ort suchen musste, an dem sich das Auto abstellen lässt UND wieder zurückgehen musste zur Station, um den Schlüssel abzugeben UND bei Flinkster anrufen, um den Ort durchzugeben, an dem das Fahrzeug steht.

Das alles hat mit Kundenfreundlichkeit nichts zu tun. Und es hat nichts mit dem Jahr 2017 zu tun, in dem Echtzeitkommunikation und Schnelligkeit selbstverständlich sind. In dem innovative und kundenorientierte Lösungen gewinnen sollten. Und in dem wir in Großstädten Dienste wie Car Sharing für eine flexible, zeitgemäße Mobilität, die ÖPNV, Taxi, Bahn und Auto je nach Anforderung miteinander kombiniert, dringend brauchen. Im Sinne der Umwelt und der Entlastung der gestressten Städte und ihrer geplagten Bewohner.

Flinkster, die angebliche Nummer 1 der Car Sharing Dienste, hat hier noch sehr viel nachzuholen. Stundenlange Systemausfälle ohne jede Information oder Entschuldigung für die Kunden (ein kommunikativer Supergau!!) oder der plötzliche und nicht kommunizierte Wegfall des Versicherungspaketes, was die Selbstbeteiligung reduziert, sind dann nur noch das Tüpfelchen auf dem wackeligen i.

Titelbild © seleneos – photocase.de

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