Begriff Powerfrau

What’s „Powerfrau“ got to do with it.

„Sie war eine Powerfrau … Eine der ersten und eine der letzten!“ schreibt Thomas Gottschalk über den Tod von Tina Turner und geht damit mit einem der tumbsten Nachrufstatements aller Zeiten in die Geschichte ein. Natürlich würde man sich wünschen, das Wort „Powerfrau“ würde mit Tina Turner zu Grabe getragen, aber das wird wohl eher nicht passieren. Nicht, so lange es Männer wie Thomas Gottschalk gibt. Warum Frauen, die fleißig, talentiert, durchsetzungsstark und oder gar machtvoll sind (bewahre!), besonders tituliert werden müssen, bleibt das Geheimnis von seinesgleichen. Wiewohl mental bei den Dinosauriern zuhause, fehlt ihm doch der historische Überblick über die Vielzahl an Frauen, die in Kunst und Kultur, Politik und Gesellschaft, Forschung und Sport Herausragendes geleistet haben und das weit vor Tina Turner und in Zeiten, in denen eine ganz besondere Menge von „Power“ dafür von Nöten war. Das soll die Leistungen von Tina Turner und jüngeren Frauen nicht schmälern, höchstens ein bisschen die von Thomas Gottschalk.

Man kann die Frauen nicht alle aufzählen, von Marie Curie über Amelia Earhart und Billie Jean King oder Frida Kahlo und vor allem die unfassbar vielen, deren Namen man weniger kennt – wie die Mathematikerin Ada Lovelace, die um 1840 das erste Computerprogramm der Welt schrieb oder die Biochemikerin Rosalind Franklin, die 1952 die Doppelhelix der DNA entdeckte und deren Arbeit von zwei Männern gestohlen wurde, die für ihre vermeintliche Entdeckung den Nobelpreis erhielten – einer von ihnen ein handfester homophober Rassist und Sexist.

Nicht mal, wenn man versucht, dem Begriff der „Powerfrau“ etwas Positives abzugewinnen, ergibt der Satz von Gottschalk einen Sinn. Eine der ersten „Powerfrauen“ kann Tina Turner (Geburtsjahr 1939) schon mal nicht gewesen sein – aber ist sie einer der letzten? Was will uns Gottschalk damit sagen? Dass Frauen sich heute nicht mehr gegen gewalttätige Ehemänner wehren müssen? Dass sie nicht über besondere Durchsetzungsstärke verfügen müssen, um erfolgreich zu sein? Dass sie dafür nicht mehr besser, geschickter und anpassungsfähiger sein müssen als Männer? Oder einfach, dass die guten alten Zeiten, in denen man Frauen gönnerhaft ein Label aufklebt, um sie aus der Menge der austauschbaren Bunnys hervorzuheben und zu adeln, vorbei sind? Ach, wie schön wäre das alles.

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