KI überarbeiten lassen

KI-Texte überarbeiten lassen – warum es ohne nicht geht

Die Begeisterung und Faszination für die Fähigkeiten einer riesigen Plagiatsmaschine, die ihre Quellen elegant vertuschen kann, ist groß. Sogar bei Textern (m/w/d). Ich selbst nutze ChatGPT als Sparringspartner und lasse mir manchmal ein paar Ideen zurufen, damit eine neue Klangfarbe mein Kopforchester bereichert. Kein Groll auf die neue (vermeintliche) Konkurrenz also. Aber.

Muss man KI-Texte wirklich lektorieren lassen? Am Ende gar von einem Menschen?

Einen ganzen Text, etwa einen Blogartikel von der KI schreiben zu lassen, würde mir nicht einfallen, warum auch. Dennoch kann es Gründe geben, eine etwas umfangreichere Vorarbeit (!) der KI in Anspruch zu nehmen. Neben ChatGPT als die gängigste Textausspuck-Maschine denke ich dabei auch an DeepL zur Übersetzung. Ein international tätiges Unternehmen, das seine vorhandenen englischen Blogartikel für den deutschen Markt umarbeiten lassen möchte, hat aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten: Es beauftragt einen guten Übersetzer (m/w/d) oder es arbeitet mit DeepL und einem guten Texter (m/w … ach, Sie wissen schon). Denn auch die beste Übersetzungs-KI befreit uns nicht davon, den KI-Text zu überarbeiten. Nicht nur, um ihn „menschlich“ zu machen, wie es oft heißt. Sondern auch, um den englischen Duktus, der dem Text auch nach der Übersetzung noch durch die Poren dringt, zu entfernen. Ich erkenne einen unlektorierten, automatisch übersetzten Artikel auf die berühmten zehn Meter gegen den Wind. Das ist keine Prahlerei, alle erfahrenen Menschen meiner Profession können das. Die Sätze sind zu lang und zu verschachtelt, es entstehen Wort-Ungetüme im Nominalstil und seltsame Satzanfänge.

Warum automatische Übersetzung ein Lektorat braucht – ein Beispiel

Ich habe ChatGPT mal gebeten, einen kleinen englischen Text über die Vorteile des Radfahrens für ältere Menschen zu schreiben und habe ihn in DeepL übersetzt. Dafür ist er gar nicht einmal soo schlimm, aber er hat einige der oben genannten Kennzeichen. Typisch sind Wendungen wie „Indem“ am Satzanfang und das häufig gebrauchte „sicherstellen“ in englischen Texten. Und achten Sie auch einmal auf den Rhythmus des Textes, Sie werden eine gewisse Gleichförmigkeit und Spannungslosigkeit feststellen. Darüber hinaus ist der Text so emotional und zugewandt wie ein Pflasterstein und zeigt Wortwiederholungen. Diesen KI-Text zu verbessern tut Not.

Original:
„Regelmäßiges Radfahren hilft, den Blutdruck zu senken, den Kreislauf zu verbessern und die Lungenkapazität zu steigern. Indem Sie in die Pedale treten, verbrennt Ihr Körper Kalorien, was zur Gewichtskontrolle beiträgt und durch Übergewicht bedingte Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck verhindern kann. Mit Radfahren stellen Sie sicher, Ihre Mobilität und körperliche Stabilität im Alter zu erhalten. Außerdem ist Radfahren nicht nur eine Einzelaktivität, sondern auch eine soziale Aktivität. Der Beitritt zu Radfahrergruppen oder -vereinen kann das Gefühl der Gemeinschaft und Zugehörigkeit fördern und so die sozialen Beziehungen und die emotionale Gesundheit verbessern. Diese soziale Interaktion kann besonders für Personen von Vorteil sein, die sich isoliert oder einsam fühlen.“

Ich habe diesen KI-Text mal schnell umformuliert (ich wollte hier ja nicht über das Radfahren schreiben) und mir dabei etwa die Zielgruppe der Apotheken Umschau oder Ähnliches vorgestellt.

Überarbeitung:
„Wenn Sie regelmäßig Rad fahren, wird sich Ihr Blutdruck langfristig senken. Und nicht nur das: Ihr Kreislauf kommt in Schwung und Ihre Lungenkapazität verbessert sich. Obendrein verbrennen Sie beim Treten in die Pedale reichlich Kalorien. Damit fällt es Ihnen leichter, Ihr Gewicht zu halten, das Risiko für Diabetes und Bluthochdruck sinkt. Wer heute mit dem Radfahren beginnt, sorgt damit übrigens auch für sein Alter vor – Mobilität und körperliche Stabilität bleiben länger erhalten. Und um einen ganz wichtigen Aspekt nicht zu vergessen: Radfahren macht in der Gemeinschaft besonders viel Spaß. In einer Gruppe Gleichgesinnter zu radeln beugt damit der Einsamkeit vor und lässt Sie nicht nur physisch, sondern auch mental länger jung bleiben.“

Ich denke, der Unterschied erschließt sich.

Werden KI-generierte Texte von Google „abgestraft“?

Aber genug vom Radfahren im Alter, zurück zur jugendlich knackigen KI und meinem Thema KI-Texte überarbeiten, lektorieren, „hübsch machen“ – was Ihnen am liebsten ist. Man sollte es sorgfältig und professionell tun (lassen). Und das, obwohl Google auch einen mäßigen KI-Text total tofte finden kann. Stumpf ist bei Google oft Trumpf, auch wenn sich CEO Sundar Pichai sicher streng gegen diese Einschätzung verwahren würde. Da Google mit dem Produkt „Gemini“ selbst einen Künstlichen Schlauberger auf den Markt geworfen hat, wäre es seltsam, KI-Texte per se schlechter ranken zu lassen. Die Frage, die sich mir hier stellt, ist vielmehr: Möchte man seinen Kunden automatisierte Einheitstexte zumuten? Kann man machen, ich empfehle es nicht. Zumindest sollte man KI-Texte umschreiben, bevor man sie veröffentlicht. Zumal mir bei der KI eine geradezu menschlich anmutende Schwäche aufgefallen ist.

Die KI ist ein bisschen faul

Frage ich ChatGPT nach 10 Aspekten zu einem bestimmten Thema, kann es durchaus sein, dass die KI versucht, mir dreimal etwas sehr Ähnliches unterzujubeln. Bei näherem Besehen ist der Mehrwert von einigen Punkten dann gering. Möchte ich einen Text von 600 Worten, kommt es nicht selten vor, dass sich am Ende langatmig dieselben Aussagen wiederfinden, die bereits zweimal genannt wurden. Gute Texterinnen und Texter bauen einen Spannungsbogen in ihren Text. Auch damit tut sich die KI schwer, sie „arbeitet Inhalte ab“. Oft kommt sie dennoch nicht gezielt zum Punkt. Mich erinnert die KI manchmal an einen Schüler, der in seiner Klassenarbeit viel „labert“, um bei seiner Lehrerin Wissen vorzutäuschen.

Was bedeutet es also, KI-Texte zu überarbeiten oder zu überprüfen?

* Der KI-Text sollte inhaltlich lektoriert werden. Redundante (oder manchmal auch widersprüchliche) Stellen müssen entfernt, Fakten überprüft werden, da die KI zum Erfinden neigt (auch das hat sie mit manchen Schülern gemein).

* Oft ist eine Lokalisierung des KI-Textes nötig. ChatGPT und Co. wurden überwiegend mit US-amerikanischen Inhalten trainiert. Fließen kulturelle Aspekte in den Text mit ein (Beispiel: die Erwähnung von Baseball, Einweggeschirr oder bestimmte Lebensmittel, die in den USA gängiger sind als in Europa) sollten die Passagen auf hiesige Gepflogenheiten angepasst werden. Gleiches gilt natürlich auch für Hinweise auf Gesetze, Feiertage oder Orte.

* KI-Texte brauchen eine sprachliche Anpassung, damit sie den Anforderungen genügen und nicht als lieblose Ansammlung von Informationen wahrgenommen werden. Wichtig dabei: Die Variation der Satzlänge und die Herstellung eines lebendigen Rhythmus des Textes.

Natürlich gibt es auch bereits Tools, die den Output von Tools verbessern. Software soll Ihren KI-Text „menschlich“ machen, zum Beispiel, indem eine bestimmte Zielgruppenansprache ausgewählt werden kann. Das hat schon fast etwas Niedliches, wenn eine KI die andere menschlicher machen will. Aber auch dabei gilt natürlich immer: Die eine KI arbeitet mit dem, was die andere ihr zur Verfügung stellt. Sie erkennt keine Fehler und keine logischen Brüche, sie stört sich nicht an Redundanzen oder erfundenen Aussagen.

Nicht mal eben ersetzlich: Homo scribens, der schreibende Mensch

Überarbeitet ein Mensch den KI-Artikel (im Idealfall eine fachlich versierte Texterin oder ein Texter), ist damit eine Qualitätskontrolle verbunden. Langatmige Wiederholungen fliegen raus, lange Sätze werden kürzer, Holziges wird geschmeidig. Die KI hätte hier im Übrigen nie den Begriff „Holziges“ verwendet. Aber es sind oft diese kleinen Stolperer, die einen Text persönlicher und lebendiger machen. Vielleicht auch manchmal „unperfekter“, wenn Sie so wollen. Und dennoch besser.

Zuletzt: Meine aufrichtige Entschuldigung an alle aufmerksam Lesenden für den verschwenderischen Gebrauch von Keywords in diesem Text. Ohne wär er hübscher gewesen, da haben Sie natürlich recht.

Zu allerletzt: Ich habe die KI gebeten, einen animierenden Anlesetext zu diesem Artikel zu verfassen. Sie schreibt: „Der Text diskutiert die Begeisterung über KI-Textgeneratoren wie ChatGPT und DeepL und deren Vorteile sowie Nachteile. Er betont die Notwendigkeit menschlicher Überarbeitung, da KI-Texte oft redundante, langweilige Inhalte und kulturelle Unstimmigkeiten aufweisen. Ein menschlicher Lektor verbessert diese Texte durch Faktenprüfung, sprachliche Anpassung und eine lebendigere Gestaltung.“ Der erste Satz ist unwahr, aber sonst bin ich einverstanden. Das animierende Element hält sich allerdings in Grenzen.

© ThisIsEngineering – pexels.com

2 Comments

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Inkenreply
9. August 2024 at 7:48

Ich finde, dass allein Formulierungen wie „Aber genug vom Radfahren im Alter, zurück zur jugendlich knackigen KI und meinem Thema KI-Texte überarbeiten, …“ Beweis genug sind, dass KI nicht ausreichend ist. Selbst wenn sie (die KI) Humor imitieren kann, so wage ich zu bezweifeln, dass sie Sprache in dieser Form anwenden kann.
Mit anderen Worten: Recht hast du, Heidi!

Heidi Schmittreply
9. August 2024 at 8:37
– In reply to: Inken

Danke! Auf die Frage, ob sie Humor hat, antwortet mir die KI, sie könne sogar Witze erzählen und haut auch gleich einen raus:

„Was macht ein Pirat am Computer?
Er drückt die Enter-Taste!
Ich hoffe, du musstest schmunzeln.“
Ich musste nicht schmunzeln, weil der Witz uralt ist. Und damit irgendwo geklaut, wie im Grunde alles, was die KI anbietet. Ich hab mich trotzdem höflich bedankt, ich will es mir ja mit ihr nicht verderben. Und sie hat es ja immerhin versucht. 🙂

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